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Christian Rechmann, interpretiert durch runway_ai
Christian Rechmann, interpretiert durch runway_ai

KI im Agenturalltag: Wir sind ja eher Piraten als Marineoffiziere

Fachartikel — 29. Februar 2024

Christian Rechmann

Geschäftsführung | Strategie

Christian Rechmann (Geschäftsführung Strategie) wurde von basebox.ai zum Thema “Künstliche Intelligenz im Agenturalltag” interviewt. Das Gespräch wollten wir hier noch einmal mit Euch teilen:

Wie und in welchen Bereichen setzt ihr Künstliche Intelligenz (KI) bei For Sale ein?

Im Text, in der Korrespondenz, Bildgestaltung und Animation und die Kollegen in Hamburg lassen sich beim Coden unterstützen.

Welche Tools verwendet Ihr genau?

ChatGTP, klar, vorher neuroflash und ganz aktuell auch den Copilot. Für die Bildgenierierung am liebsten midjourney, runway und Dall-E und natürlich die AI Angebote der bekannten Anbieter wie Adobe und Microsoft. In der Programmierung testen wir zur Zeit den JetBrainsAI-Assistant.

Hilft euch KI vor allem beim Schreiben oder noch mehr bei der Bildbearbeitung?

Je nachdem, wen Du bei uns fragst:

In der Beratung oder im Text wird Chat viel genutzt, um Artikel vorzustrukturieren oder auch für Quick-Recherchen zu einem Thema; für automatische Transskripte oder die Zusammenfassung von Texten.

In der Grafik sind es die Bild- und Videobearbeitungstools.

Und die Software-Entwickler nutzen vor allem die Möglichkeit, unseren Code zu dokumentieren und Unit Tests dafür zu schreiben.

Ist der Einsatz von KI noch eher “experimentell” oder bringt er bereits einen messbaren Mehrwert zur Effizienzsteigerung im Unternehmen?

Ein wenig von beidem. Wir versuchen die vielen KIs, die gerade in den Markt spülen zumindest im Auge zu behalten und zu testen. Das ist sicherlich noch eher experimentell.

Aber Themen wie zum Beispiel ein automatisches Transskript einer Besprechung, die Zusammenfassung eines Textes oder eine Funktion, wie der generative-fill in Photoshop sind schon heute kaum noch aus der Agentur wegzudenken.

Können durch den Einsatz von KI Personalkosten eingespart werden?

Jein, mittelfristig wird es bestimmte Aufgaben in unserem Umfeld nicht mehr geben.

Schon heute machen wir teilweise Illustrationen eher KI-gestützt selbst, als sie an einen Illustrator rauszugeben. Das wird zunehmen. Und Abformate zu einem verabschiedeten Artwork, zum Beispiel für den Einsatz auf verschiedenen sozialen Plattformen werden wohl auch bald nur noch KI unterstützt entstehen. Ob das Personalkosten einspart oder nicht eher die Lücke im Personalmangel schließt, das wird sich zeigen.

Welche Hürden und Hindernisse gibt es beim Einsatz von KI?

Allem voran sehe ich rechtliche Probleme, und zwar auf drei Ebenen:

Wie ist die KI trainiert, also was genau ist das Ausgangsmaterial und wem gehört dies.

Die rechtlichen Fragestellungen, die sich daran anschließen, also wem gehört das generierte Bild und inwieweit können wir es an unsere Kunden weitergeben.

Und die Frage nach dem Schutz der eigenen Daten. Kunden vertrauen uns oft Informationen an, die im Markt noch kein Allgemeinwissen sind. Natürlich können wir diese nicht einfach in eine KI-Cloud hochladen – selbst wenn man sie vorher anonymisieren würde, würde man das Wissen doch einer Allgemeinheit an KI Nutzern zur Verfügung stellen.

Wie lässt sich der Einsatz von KI mit den strengen Bestimmungen aus dem Urheberrecht in Deutschland vereinbaren?

Im Bereich Text scheint mir der Drops weitgehend gelutscht zu sein, weil hier niemand mehr nachvollziehen kann, woher welcher Text stammt und generische Texte ohnehin kaum schützbar sind. Aber beispielsweise für das Generieren von Bildern … puh, wenn das schon mal jemand sauber beantworten würde! Es laufen ja sowohl hier als auch in USA ein paar Grundsatzklagen, die uns hoffentlich bald Rechtssicherheit geben.

Bis dahin versuchen wir einerseits sehr transparent mit der Unsicherheit umzugehen, also sauber auszuweisen, wo was her ist und gegebenenfalls gemeinsam mit unseren Kunden zu entscheiden, wie weit wir das nutzen möchten.

Und einige Anbieter, wie z.B. Adobe oder shutterstock, gehen derzeit für uns ins Risiko, indem sie versprechen, ausschließlich Rechte-geklärtes Material zu generieren und sogar die Haftung dafür übernehmen.

Gibt es Befürchtungen von Kunden, dass internes Wissen nach außen dringt?

Die gibt es bestimmt und meiner Meinung nach auch zu recht. Wir haben das Thema NDAs und Vertraulichkeit bei uns um die Einschränkung „vertrauliche Informationen nicht in frei zugängliche KIs laden“ erweitert.

Gibt es in Eurer Organisation Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von KI?

Allgemeine Vorbehalte sehe ich bei uns nicht, Agenturleute sind ja meist eher Piraten als Marineoffiziere, die probieren eigentlich alles gerne erst mal aus. Die Sorgen, die aus Deiner Frage nach dem Schutz der eigenen Kreation hervorgehen und wie sich die einzelnen Aufgaben verändern, die nehmen wir schon sehr ernst.

Wie wird sich Deiner Meinung nach die Arbeit in Agenturen mit KI entwickeln? Worauf müssen sich Agenturmitarbeitende einstellen?

Diese Glaskugel, wenn ich die nur hätte … ich habe hier zwei gegenläufige Szenarien vor Augen: einerseits sehen wir schon viele Bereiche in einer Agentur, auf die die Entwicklung einen starken Einfluss haben wird und andererseits haben wir bereits viele Veränderungen durchlebt: vom Ende des manuellen Satzes (auf Folien per Letraset Buchstaben) über die Prozesse der Digitalisierung oder die Einführung von Penny-Stock Bildagenturen – immer wurde das Ende unserer Branche herbeigefürchtet und stets gab es danach neue Aufgaben für uns Agenturen.

Im Kern wird es weiter der kreative Prozess sein, der eine Agentur nötig macht. Und Kreativität ist in diesem Zusammenhang für mich mehr als die eine Idee, es geht vor allem um Konzepte und Selektionsvermögen.

Wenn Du Dir etwas in Bezug auf KI wünschen könntest? Was sollte sie für Dein Unternehmen besser machen?

Geklärte Rechte wären schon sehr wichtig und im Moment müssen wir auch aufpassen, dass uns die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Microsoft und Adobe lassen sich die neuen Funktionen bereits gut bezahlen und dazu kommen noch eine App hier, eine Erweiterung da und noch eine Lizenz on top. Da wären eine AI-Flat von einigen wenigen Anbietern oder pay-per-use Modelle wünschenswert.

Das Interview mit Christian ist zuerst erschienen am 20.01.24 auf basebox.ai und dort auch auf englisch nachzulesen.